Deutsche Krankenhäuser sehen sich aktuell mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert. Nicht nur steigende Kosten und fehlendes Personal, sondern auch die geplante Krankenhausreform sorgen für massiven Handlungsdruck. Diese Problemsituation wird verstärkt durch ineffiziente Prozessstrukturen und die Vernachlässigung einer sich an der Wertschöpfungskette des Patienten orientierenden Steuerung von klinischen Prozessabläufen. In Anbetracht der heute noch eher bereichs- und funktionsbezogenen Organisation in Krankenhäusern ist der Wandel zu einer prozessorientierten Denkweise und die Neustrukturierung klinikinterner Abläufe unumgänglich geworden. Um eine solche bereichsübergreifende Planung und Steuerung durchführen zu können, sind die Kliniken auf die Unterstützung von digitalen Systemen angewiesen, welche zur Prozesssteuerung eingesetzt werden. Um einen Überblick über den Status der Digitalisierung in Krankenhäusern zu erhalten, versuchen bereits heute einige Reifegradmodelle, den digitalen Reifegrad deutscher Kliniken zu ermitteln. Dabei wird jedoch lediglich ein geringer Teil der Dimensionen von Digitalisierung erfragt, sodass es der Erweiterung um den noch fehlenden Prozessaspekt bedarf. Vor diesem Hintergrund bestand das Ziel der Konzeption dieses Digitalisierungsindex in der Erstellung eines neuartigen Messinstruments, welches die Ermittlung des Reifegrads von Krankenhäusern in einem ganzheitlichen Kontext der Digitalisierung des Prozessmanagements ermöglicht.
Beschreibung
Der Digitalisierungsindex untersucht zehn Bereiche im Krankenhaus. Dazu gehören sowohl die Digitalisierungsstrategie eines Krankenhauses als auch patientennahe und unterstützende Prozessbereiche wie z.B. das ZNA-Management oder das Entlass-Management. Die Auswahl erfolgte anhand der Kriterien „Prozessrelevanz für die Patientenwertschöpfungskette“, „Bedarf an Maßnahmen der Digitalisierung zur Prozessunterstützung“ und „Relevanz für den wirtschaftlichen Erfolg“. Je Krankenhausbereich werden fünf Dimensionen zur Bewertung abgefragt, welche den Status der Digitalisierung in einem ganzheitlichen Bild erfassen. Für die Bewertung der teilnehmenden Häuser und der sich daran anschließenden Ermittlung des digitalen Reifegrads des Prozessmanagements wurde ein mehrstufiges, doppelt gewichtetes Bewertungssystem entwickelt, welches die Anforderungen an die Digitalisierung des Prozessmanagements je Bereich abdeckt. Dazu gehört neben einem für die Antwortoptionen erarbeiteten Punktesystem auch die Gewichtung der Indexdimensionen für die Bewertung (Relevanz für den Gesamtreifegrad) sowie die Gewichtung der untersuchten Krankenhausbereiche (Relevanz für den wirtschaftlichen Erfolg eines Krankenhauses). Im Rahmen der Indexkonzeption wurden fünf erreichbare Reifegradlevels festgelegt. Die inhaltliche Ausgestaltung der Reifegradlevels basiert auf einer qualitativen Zuordnung von Kriterien, welche bei der Digitalisierung des Prozessmanagements in Krankenhäusern von hoher Relevanz sind.
Der Digitalisierungsindex ermöglicht als erster seiner Art einen realitätsgetreuen Überblick über den Status quo der Digitalisierung des Prozessmanagements in deutschen Kliniken auf Grundlage der Bewertung des digitalen Reifegrads in zehn prozessual hochrelevanten Bereichen entlang der Wertschöpfungskette des Patienten. Mit der Untersuchung der Klinikbereiche im Hinblick auf fünf Dimensionen, welche den digitalen Reifegrad des Prozessmanagements abfragen, stellt der Index nicht nur Transparenz über bereits durchgeführte Maßnahmen und vorhandene Tools her, sondern untersucht auch deren prozessuale Integration in die Klinikabläufe. Eine erste Befragungsrunde im Juli 2023 ergab einen durchschnittlichen Digitalisierungsindex der Kliniken von 0,8 von maximal 4, der Best Practice je Bereich lag bei durchschnittlich 1,9. Für die Erreichung des Zielkorridors (3,5 bis 4) bestehen demnach noch sehr hohe Handlungsbedarfe in deutschen Kliniken. Die Erkenntnisse, welche die Kliniken durch die Teilnahme am Digitalisierungsindex und die Ermittlung des eigenen digitalen Reifegrads erlangen, dienen anschließend als Grundlage für ein Benchmarking, mithilfe dessen sie sich in der Menge der teilnehmenden Häuser einordnen und daraus konkrete Handlungsmaßnahmen für die einzelnen Bereiche ableiten können. Im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung der Krankenhauslandschaft in Deutschland wird der Digitalisierungsindex ein Wegweiser auf dem Weg zu der Digitalisierung des Prozessmanagements sein.
Arzneimittellogistik,
Bettenmanagement,
Logistik und Prozessmanagement in anderen Bereichen,
OP-Logistik,
Prozessmanagement für medizinische Notfälle,
Medikalproduktelogistik,
Patientenlogistik,
Management von mobilen Geräten und Ausrüstungen