Bauplanungsprozess: Logistik nicht vernachlässigen
Warum bei Klinikneu- oder -umbauten neben baulichen und medizinischen genauso logistische Aspekte betrachtet werden sollten, erläutert der Best-Practice-Vortrag „Masterplan Logistik – Logistik im strategischen Bauplanungsprozess“ am 7. Mai 2025 auf der med.Logistica. Im Mittelpunkt steht der Neubau eines Bettenhauses des Schweizer Kantonsspitals Münsterlingen, das seit 1709 gewachsene bauliche Gegebenheiten aufweist.
Masterplan sichert Krankenhausbetrieb
Krankenhäuser sind keine statischen Objekte: Zur langfristen Sicherstellung und Weiterentwicklung ihres Betriebs sowie der Anpassung baulicher Konstellationen an moderne Anforderungen und medizinische Notwendigkeiten seien strategische Masterpläne erforderlich, betonen die beiden Referenten des Vortrags, Bruno Schaller und Thomas Bredehorn. Schaller ist Leiter Logistik der thurmed Immobilien AG, Frauenfeld/Schweiz, und Bredehorn stellvertretender Abteilungsleiter Health Care Logistics am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund.
Vorausdenken ist nachhaltig
„Aktuelle und künftige Transporttechniken sind dabei ebenso einzubeziehen wie die logistische Anbindung der Gebäude, die Wege- und Aufzugsplanung sowie Synergiepotenziale im Betriebsablauf“, unterstreicht Bredehorn. „Eine effiziente Logistik ist für einen nachhaltigen Krankenhausbetrieb grundlegend – sowohl was die Patienten- als auch Personal- und Materiallogistik betrifft. Denn Änderungen in der späteren Bauplanung sind schwierig und kostenintensiv.“ Die Herangehensweise wird am Beispiel des Kantonsspitals Münsterlingen beschrieben, das zur Spital Thurgau AG und damit zur thurmed-Gruppe gehört. Dessen älteste genutzte Gebäudeteile stammen von 1709 und basieren auf dem Fundament eines Klosters. In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Klinik kontinuierlich erweitert. „In einem Masterplan hat das Spital verschiedene bauliche Entwicklungen in einer Zeitachse von 40 Jahren dargestellt, plant mittelfristig den Neubau eines Bettenhauses“, ergänzt Schaller. „Mit der Konzentration der Bettenstationen im östlichen Teil des Campus muss die Logistik neu ausgerichtet werden. Zugleich lassen sich dadurch historisch bedingte Altlasten verbessern.“
Fehlentwicklungen korrigieren
Nicht zuletzt gehe es darum, bei der strategischen Planung aus Fehlentwicklungen zu lernen: „Wie bei vielen anderen Schweizer Spitälern wurden in der Vergangenheit im Rahmen der Planungsphase die nicht-medizinischen, operativen Prozesse zu wenig gewichtet“, sagt Schaller. „Man versteht erst jetzt in Gänze, dass die (Master)Planung für sämtliche Prozesse und Warenströme so ausgelegt werden muss, dass diese ebenfalls mit neuen bzw. zukünftigen Technologien funktionieren und für eine Betriebszeit von mindestens 40 Jahren effiziente und somit kostengünstige Anwendungen ergeben“, so Schaller. Bei Effizienz und konzeptioneller Planung hinkten Spitalbauten der Industrie hinterher. „Das ist allerdings oft durch gewachsene Strukturen und an der Demografie ausgerichtete Entwicklungsetappen begründet.“
Besondere Herausforderungen historisch gewachsener Strukturen
Derzeit befinden sich laut Schaller und Bredehorn sowohl das Projekt Spitalcampus Münsterlingen als auch ein vorgesehener Ergänzungsbau des Kantonsspitals Frauenfeld, welches ebenfalls zur Spital Thurgau AG gehört, in der Planungsphase. „Aufgrund der hohen Komplexität und der extrem starken Vereinzelung der Gebäude und Einheiten wird in Münsterlingen zurzeit ein Masterplan erarbeitet, der das gesamte, langfristige Entwicklungspotenzial des Standorts aufzeigen soll“, berichtet Schaller. Die Herausforderung: In seiner Historie sei der Campus laufend nach den wachsenden und sich ändernden Bedürfnissen ausgebaut worden. „Dabei definieren bzw. begrenzen die geografischen und räumlichen Voraussetzungen die Entwicklungsmöglichkeiten. Zudem verlangen sich ändernde gesetzliche Bestimmungen wie der Brandschutz oder Denkmalschutz gewisse Einschränkungen. Im alten Gewölbekeller können beispielsweise nach heutigen Maßstäben keine effizienten Lager installiert und betrieben werden. Des Weiteren haben Ergänzungs- oder Anbauten oft unterschiedliche Niveau-Übergänge, was die Intralogistik und generell die Transportwege verlangsamt.“ Gewachsene Strukturen hätten oft zur Folge, dass diverse Waren- und Personenströme vermischt seien, was wenig Automatisation zulasse.
Blaupause für andere Kliniken
Das auf der med.Logistica vorgestellte Best-Practice-Beispiel könne anderen Kliniken im Planungsprozess als Blaupause dienen, sind Bredehorn und Schaller überzeugt. Denn es bilde viele Extreme ab. Dazu zählen die starke Vereinzelung der Gebäude und das unterschiedliche Alter der Einheiten, An- und Ergänzungsbauten – ausgehend vom im Jahr 986 gegründeten Kloster über den bestehenden Klostertrakt aus dem frühen 18. Jahrhundert bis zum Anbau für den OP-Trakt, die Intensivstation (IPS) und die Zentrale Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA) aus dem Jahr 2017. „Im Zentrum steht die Herausforderung, unter den ausgeprägten Vorgaben des Heimat- und Denkmalschutzes einen modernen Spitalbetrieb realisieren zu können“, heben die Referenten hervor. „Wir möchten Verständnis dafür schaffen, dass im ganzen Gebäude Logistik passiert – vom Essen zubereiten über Bett beziehen und Verbrauchsmaterial einsortieren bis zum Entsorgen von Abfällen sowie den Patienten- und Besucherströmen. Es ist wichtig, den Fokus auf die gesamten Prozesse und nicht auf einzelne Fragmente zu richten, die Bedürfnisse der Nutzer und Betreiber abzustimmen und dabei Synergien zu nutzen.“ Schaller fügt hinzu: „Die Immobiliensparte der thurmed-Gruppe hat sich in den letzten Jahren aufgrund dieses Learnings umfassende Kompetenzen angeeignet, um Spitalbauten nach modernsten Erkenntnissen konzeptionell zu planen und bietet dieses Know-how an.“
Der Best-Practice-Vortrag „Masterplan Logistik – Logistik im strategischen Bauplanungsprozess“ am Beispiel des Schweizer Kantonsspitals Münsterlingen aus dem Themengebiet Krankenhauslogistik im Bauplanungsprozess findet am Mittwoch, 7. Mai 2025, von 9.00 Uhr bis 9.30 Uhr statt.
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